Chemie-Arbeitsblatt _ _ Klasse _ _ _ Name _______________________________________________Datum _ _ ._ _._ _

Station F: Historisches zu Backpulver und Warenkunde

Historie:
Ein Schüler des berühmten Chemikers Justus von Liebig aus den USA, Eben Norton Horsford (1818-1893), der 1844 im Gießener Laboratorium gearbeitet hatte, erhielt 1847 die vom brit.-amerikanischen Naturforscher Sir Benjamin Thompson Rumford (1753-1814) gestiftete Professur für Angewandte Gewerbe-Wissenschaft in Harvard. 1856 ließ sich Horsford ein Backpulver mit Hydrogenphosphat patentieren und gründete die Rumford Chemical Works in Providence, Rhode Island. Eine Hungersnot in Ostpreussen veranlasste Liebig, sich ab 1868 ebenfalls mit der Herstellung von Backpulver als Ersatz für Hefe zu beschäftigen. In der "Augsburger Allgemeinen Zeitung" berichtete Liebig 1868 über "Eine neue Methode der Brodbereitung". In "Johnstons Chemie des täglichen Lebens" (Ausgabe 1887) lesen wir:

"Das Horsford-Liebig’sche Brot wird (...) ohne Gärung, durch die Entwicklung von Kohlensäure aus mineralischen Substanzen aufgelockert. Das zu diesem Zwecke dem Mehlteige in bestimmten Verhältnissen beigemengte Horsford-Liebig’sche Backpulver (an verschiedenen Orten fabrikmäßig angefertigt und wohl in den meisten Apotheken käuflich) besteht aus phosphorsaurem Kalk und doppeltkohlensaurem Natron nebst Chloralkalien: beim Erwärmen wird durch Zersetzung ein Teil der Kohlensäure frei und lockert das Brot gleich Hefenbrot, von dem es sich auch im Geschmack nicht unterscheidet... Liebig’s Backmehl, das ebenfalls viel empfohlen wird, besteht aus Mehl mit etwa 1% seines Gewichts doppeltkohlensaurem Natron und doppeltkohlensaurem Kalk, und entwickelt beim Anrühren mit Wasser oder Milch Kohlensäure wie das Horsford-Liebig’sche Backpulver ..."

1891 gründete der Apothekenbesitzer August Adolph Oetker (1862-1918) in Bielefeld sein bis heute bestehendes Unternehmen. Er hatte aufgrund eigener Versuche ein Backpulver ("Backin") entwickelt, das er in seinem Buch "Dr. A. Oetkers Grundlehren der Kochkunst" (1895) mit folgenden Sätzen gegen Nachahmungen zu schützen versuche:

"Seit Einführung meines Backpulvers wird dieses, wie es ja bei guten Präparaten immer der Fall ist, von Leuten nachgemacht, die von der Chemie gerade so viel verstehen wie neugeborene Kinder! Diese Leute nennen ihre zweifelhaften Produkte dann Trockenhefe und bedenken gar nicht, wie sie durch dieses eine Wort schon ihre Unwissenheit beweisen, oder sie nennen es amerikanisches Backpulver und wissen wiederum nicht, dass in Amerika eine ganze Anzahl Backpulver mit dem giftigen Alaun bereitet werden, dass also das Wort amerikanisches Backpulver eine sehr zweifelhafte Empfehlung ist."

Warenkunde:

Backpulver Original Backin (Dr. Oetker) ist noch heute mit folgenden Zutaten m Handel: Säuerungsmittel Phosphat, Backtriebmittel Natriumhydrogencarbonat, Stärke.

"Weinstein Backpulver" (ohne Phosphat) enthält als Säuerungsmittel Kalium(hydrogen)tartrat, als Backtriebmittel Natriumcarbonat und Maisstärke.

Zur Herstellung von Backwaren werden vor allem Mehl, Backmittel und Backtriebmittel (sowie Wasser) benötigt. Aus ihnen wird zunächst der Teig hergestellt. Unter Backmittel werden alle Stoffe oder Stoffgemische zusammengefasst, die der Verbesserung der Qualität von Brot und Backwaren dienen. Backpulver werden zur Teiglockerung verwendet. Sie sind sogenannte Triebmittel. Unterschieden werden:

Natron: Natriumhydrogencarbonat, zusammen mit einer Säure bzw. sauren Salzen zur Bildung von Kohlenstoffdioxid; Stärke als Trennmittel verhindert eine vorzeitige Reaktion;

Pottasche: Kaliumcarbonat für die Lebkuchenbäckerei

Hirschhornsalz: Ammoniumbicarbonat, zur Lockerung von Flachgebäcken allgemein (z.B. von Lebkuchen, Amerikanern)

Die Gasentwicklung führt zur Ausbildung einer mehr oder weniger porösen Struktur in den jeweiligen Backwaren.

Arbeitsaufträge:

  1. Welche Aufgabe erfüllt ein Backtriebmittel?
  2. Mit welchem Stoff wird die Aufgabe erfüllt?
  3. Sammle alle chemischen Begriffe, finde ihre heutigen Namen und ihre Formel (Chemie-Lexikon).
  4. Formuliere die Reaktionsschemata und Reaktionsgleichungen für die im Text beschriebenen chemischen Reaktionen.
  5. Was genau versteht man unter "Trockenhefe"? Erkundige dich in einem Lebensmittelmarkt.
  6. Was ist Alaun und warum ist er giftig?
  7. Aus welchen Grundkomponenten besteht ein Backpulver und warum? Erkläre das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten und ihre spezielle Aufgabe!

Quelle: G. Schwedt: Experimente mit Supermarktprodukten; Weinheim 2003


update am: 02.02.21                                           zurück     zur Hauptseite